Lues (Syphilis)

Treponema pallidum, Syphilis

Kategorie Lexikon
Stand30.04.2024
Enthaltene Parameter
Lues-Suchtest (CLIA) im Serum; Treponema pallidum-AK (IgM, IgG) im Serum und Liquor (ELISA); Treponema pallidum-AK (IgM, IgG) im Serum und Liquor (Immunoblot); Trepo­nema pallidum-DNA; Cardiolipin-Mikro­flockungs­test im Serum
Zusatzinformation
Erreger
Erreger der Lues ist Treponema pallidum, ein zu den Spirochaeten gehörendes Bakterium.
 
Infektionsweg und Verbreitung
Die Lues wird über sexuelle Kontakte und seltener durch direkte Hautkontakte übertragen. Pro Jahr werden in Deutschland ca. 3000 Neuinfektionen registriert.
 
Klinik
Inkubationszeit: 5 - 90 Tage
  • Primärstadium: Ulcus durum, nach ca. 1 Woche regionale Lymphadenopathie. Das Ulcus durum heilt nach 3 - 6 Wochen ab, während die Lymphadenopathie monatelang bestehen bleiben kann.
  • Sekundärstadium durch hämatogene Ausbreitung der Erreger: 3 - 6 Wochen nach Primäraffekt, makulo-papulöse Exantheme (auch palmar und plantar!), Plaques muqueuses der Zunge und Condylomata lata genital und perianal, generalisierte Lymphadenopathie, über Wochen bis Monate.
  • Latenz des Erregers ohne Ausbildung klinischer Symptome: Frühlatenz < 1 Jahr, Spätlatenz > 1 Jahr bis Jahrzehnte nach Infektion.
  • Tertiärstadium: Bei bis zu 35 % aller unbehandelten Infektionen nach einer Latenz von 1 - 20 Jahren, ggf. auch länger, tuberöse Veränderungen an der Haut und den Schleimhäuten, Opticus-Atrophie, Innenohrschwerhörigkeit, Aorten-Aneurysma, ZNS-Manifestationen.
  • Lues-Infektion in der Schwangerschaft: Übertragungsrate auf den Fetus bei Primärlues 70 - 100 %, in der Frühlatenz 40 %, in der Spätlatenz 10 %. Die Infektion des Fetus kann bereits im 1. Trimenon erfolgen. Die Erkrankung des Kindes ist jedoch Folge von Entzündungsreaktionen, die erst nach Reifung des Immunsystems auftreten können. Eine Gefährdung des Fetus ist daher erst ab dem 4. - 5. Schwangerschaftsmonat zu erwarten.
  • Lues connata: asymptomatisch bis Multiorganbefall, Frühphase (in den ersten 2 Lebensjahren): persistierende Rhinitis, Hepato-/Splenomegalie, Lymphadenopathie, Haut-, Knochen- und ZNS-Veränderungen. Spätstadium: Hutchinson-Trias (Tonnen-Zähne, Keratitis, Innenohrschwerhörigkeit), meist asymptomatische Neurolues bei bis zu 30 % der Patienten > 2 Jahre.
 
Diagnostik
  • Nachweis T. pallidum-spezifischer AK im Serum als Stufendiagnostik mit Suchtest, Bestätigungstesten und Aktivitätsmarker.
Suchtest: Lues-Suchtest (qualitativ), positiv ab 2 - 3 Wochen nach Infektion.
Bestätigungsteste: T. pallidum-ELISA (IgM und IgG) T. pallidum-spezifischer Immunoblot (IgM und IgG)
Aktivitätsmarker: Cardiolipin-Mikroflockungstest (CMT), Nachweis von Lipoidantikörpern, nicht T. pallidum-spezifisch, Bestimmung erfolgt mit dem von der WHO empfohlenen Venereal Disease Research Laboratory (VDRL)-Test, positiv ab 4 - 6 Wochen nach Infektion, T. pallidum-spezifischer IgM-Immunoblot, positiv ab 2 - 3 Wochen nach Infektion.
  • Nachweis von T. pallidum-DNA in Sonderfällen bei V. a. Neurolues (Liquor), V. a. disseminierte Lues (EDTA-Blut), unklarem Primäraffekt oder unklarem Exanthem (Abstrich) als Ergänzung zur serologischen Diagnostik.
 
Diagnostisches Vorgehen
  • V. a. Lues: Anforderung "Lues-Suchtest, ggf. Bestätigungsteste"
  • Therapiekontrollen nach behandelter Lues: Treponema-ELISA- und VDRL-Test, vor Therapiebeginn Ausgangswerte bestimmen, Kontrollen nach 3, 6 und 12 Monaten, bzw. gemäß Empfehlung auf Befund. Bei Therapiebeginn < 1 Jahr nach Infektion sollte der VDRL-Titer innerhalb von 6 Monaten (bei HIV-Patienten 12 Monaten) nach Therapie um mind. 2 Titerstufen abfallen.
  •  V. a. Neurolues: Anforderung "Lues-Suchtest, ggf. Bestätigungsteste", bei positiver Serologie parallele Untersuchung von Serum und Liquor einschließlich Reiber-Schema zur Bestimmung einer T. pallidum-spezifischen AK-Synthese im ZNS mit dem Treponema-IgG-Index, ein Index >= 1,5 belegt mit hoher Spezifität und Sensitivität die lokale AK-Synthese im ZNS, ein positiver Index kann auch bei erfolgreicher Therapie über Jahre persistieren. Bei unklarer Serologie ergänzend Nachweis von T. pallidum-DNA im Liquor.
  • Lues-Screening im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge: Lues-Suchtest, bei positivem Ausfall werden Bestätigungsteste und Aktivitätsmarker durchgeführt.
  • V. a. konnatale Lues: Lues-Suchtest, ggf. Bestätigungsteste und Aktivitätsmarker bei Mutter und Kind, ggf. Nachweis von T. pallidum-DNA in Plazentagewebe, EDTA-Blut etc.
  
Therapie und Prophylaxe
Die Therapie erfolgt mit Penicillin G oder Depot-Penicillinen, alternativ Ceftriaxon, bei Allergie kommen Doxycyclin oder Makrolide zum Einsatz. In der Schwangerschaft gilt auch ein isolierter TPPA-Titer >= 1:5120 ohne positive IgM-AK/CMT als Therapieindikation.
 
Meldepflicht
Direkter und indirekter Erregernachweis sind nicht-namentlich meldepflichtig an das Robert-Koch-Institut nach § 7 IfSG (Ergänzung des Meldebogens durch den behandelnden Arzt).
Literatur
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Syphilis. Leitlinien-Register Nr 059/002 2010. (52)
 
French P, Gomberg M, Janier M, Schmidt B, van V, V, Young H. IUSTI: 2008 European Guidelines on the Management of Syphilis. Int J STD AIDS 20: 300-9, 2009. (53)