von Willebrand-Faktor-Aktivität (Ristocetin-Kofaktor)

Ristocetin-Cofaktor, vWS

Kategorie Laboruntersuchung
Stand01.06.2022
ErbringerEigenleistung
MethodeTurbidimetrie
Material1 ml Citratplasma (tiefgefroren)
Ansatztage3 x wöchentlich
Indikation
Abklärung unklarer Blutungsneigungen, Eingangstest mit hoher Sensitivität bei V. a. von Willebrand-Syndrom
Referenzbereich
abhängig von der Blutgruppe (BG):
Erwachsene (BG 0):   48 - 202 %
Erwachsene (BG A,B): 61 - 240 %
 
Alter          BG    Referenzbereich
0 - 3 Monate  A,B,0    72 - 196 %
3 - 6 Monate  A,B,0    54 - 206 %
6 - 12 Monate A,B,0    54 - 151 %
1 - 4 Jahre   0        40 - 126 %
1 - 4 Jahre   A,B      55 - 153 %
4 - 9 Jahre   0        40 - 133 %
4 - 9 Jahre   A,B      51 - 181 %
9 - 18 Jahre  0        43 - 135 %
9 - 18 Jahre  A,B      50 - 181 %
Interpretation
Eine erniedrigte von Willebrand-Faktor-Aktivität weist auf ein vWS hin. In diesem Fall sollte auch die von Willebrand-Faktor-Konzentration bestimmt werden. Werte zwischen 30 - 50 % werden allerdings auch bei ca. 1 % der Normalbevölkerung gefunden (mehrfache Untersuchung in mehrwöchigen Abständen ratsam).
Der von Willebrand-Faktor ist ein Akute-Phase-Protein, so dass bei Stress, Entzündungen oder Neoplasien irreführend hohe bzw. pseudonormale Werte auftreten können.
Kurzinformation
Beim vWS ist die PTT erst bei einer verminderten Faktor VIII-Aktivität verlängert (vWS Typ 3).
Die Multimerenanalyse zur Typendifferenzierung ist sehr aufwändig und kann bis zu 4 Wochen dauern!
Zusatzinformation
Hintergrund
Der von Willebrand-Faktor (vWF, Faktor VIII-assoziiertes Antigen) ist ein aus verschiedenen Multimeren bestehendes großes Glykoprotein, das in Endothelzellen und Megakaryozyten synthetisiert und gespeichert wird. Die Freisetzung aus den Speichergranulae erfolgt durch spezifische Stimuli (Katecholamine, Thrombin, Fibrin, Endotoxin, Histamin, IL-1, TNF). Als Akute-Phase-Protein ist es daher bei Entzündungen und in der Schwangerschaft erhöht. Die für die Funktion entscheidende Größe der Multimeren wird durch eine vWF-spezifische Metalloprotease (ADAMTS13) reguliert. Der vWF hat eine wichtige Funktion sowohl bei der primären als auch der sekundären Hämostase: Er vermittelt die Thrombozytenadhäsion (GP Ib) an das Subendothel, fördert die  Thrombozytenaggregation (GP IIb/IIa) und verhindert als Trägerprotein von Faktor VIII (Faktor VIII/vWF-Komplex) dessen vorzeitige Inaktivierung durch Protein C.
 
von Willebrand-Syndrom
Defekte des vWF manifestieren sich als von Willebrand-Syndrom (vWS), das die häufigste angeborene Gerinnungsstörung darstellt, aber auch sekundär als Folge anderer Grunderkrankungen entstehen kann.
Angeborenes von Willebrand-Syndrom
Typ 1 (quantitativer Defekt, mit 60 - 70 % häufigste Form)
milde Blutungsneigung hauptsächlich an den Schleimhäuten (Zahnfleischbluten, Nasenbluten, verlängerte Periodenblutungen)
 
Typ 2 (verschiedene qualitative Defekte, 20 - 40 %)
milde bis schwere Blutungen
      • Typ 2A, 2M: verminderte Bindung des vWF an Blutplättchen und Kollagen
      • Typ 2B: erhöhte Bindung des vWF an die Blutplättchen
      • Typ 2N: verminderte Affinität des vWF zum Faktor VIII (Faktor VIII wird nicht stabilisiert, Faktor VIII-Spiegel kann unter 10 % sinken)
 
Typ 3 (schwerer quantitativer Defekt, 3 %)
starke Verminderung oder vollständiges Fehlen des vWF
schwerste Verlaufsform (Schleimhautblutungen, Magen-Darm-Blutungen, Gelenkblutungen)
 
Ursachen eines erworbenes von Willebrand-Syndroms:
    • Antikörper, die den vWF blockieren oder adsorbieren: Lymphoproliferative Erkrankungen, Neoplasien, immunologische Erkrankungen
    • Medikamente (z. B. Valproat)
    • monoklonale Gammopathie, maligne Lymphome, myeloproliferative Erkrankungen
    • pathologischer Scherstress: angeborene Herzerkrankungen, Klappenfehler, Malformationen, Endokarditis, ECMO
 
Diagnostik des von Willebrand-Syndroms
Eine erniedrigte vWF-Aktivität weist auf ein vWS hin. In diesem Fall sollte auch das vWF-Antigen bestimmt werden. Werte zwischen 30 - 50 % werden allerdings auch bei ca. 1 % der Normalbevölkerung gefunden (mehrfache Untersuchung in mehrwöchigen Abständen ratsam). Ferner Bestimmung von Faktor VIII, Multimeranalyse zur Typisierung des vWS (sehr aufwändig, Dauer bis zu 4 Wochen), Mutationsanalyse (bei phänotypisch unklaren Befunden, Identifizierung heterozygoter Träger, Familienberatung). Beim vWS ist die PTT erst bei einer verminderten Faktor VIII-Aktivität verlängert (vWS Typ 3)!
 
Einflussfaktoren
Der von Willebrand-Faktor ist ein Akute-Phase-Protein, so dass bei Stress, Entzündungen oder Neoplasien irreführend hohe bzw. pseudonormale Werte auftreten können.
Literatur
Web-Seiten:
  1. Patienteninformationen: http://www.netzwerk-von-willebrand.de/ 
AnhängeDownload.png Ringversuchszertifikat Januar 2023.pdf
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