Zeckenstich-assoziierte Infektionserkrankungen

Kategorie Lexikon
Stand24.06.2020
Zusatzinformation
Hintergrund
Zecken zählen zu den blutsaugenden Ektoparasiten von Wirbeltieren. Bei der Entwicklung von der Nymphe zur adulten Zecke sind alle Stadien auf Blutmahlzeiten angewiesen, so dass Zecken in allen Stadien als Überträger von Infektionserregern fungieren können. In Mitteleuropa hat der zu den Schildzecken gehörende Gemeine Holzbock, Ixodes ricinus, die größte Bedeutung. Durch Ixodes ricinus werden vor allem Borrelien und das FSME-Virus übertragen. Weiterhin fungieren u.a. die Braune Hundezecke (Ripicephalus sanguineus), Schafzecke (Dermacentor marginatus) und Auwaldzecke (D. reticularis) als Überträger von Infektionserregern.
 
Folgende Infektionskrankheiten können in Deutschland und den angrenzenden Ländern durch Zecken übertragen werden (bezüglich weiterer Informationen siehe entsprechende Lexikon-Einträge):
 
Borreliose
  • Erreger: Borrelia burgdorferi s.l.
  • Diagnostik: AK-Nachweis mit Immunoassay (IgM, IgG) im Se­­rum und ggf. Liquor, Bei positivem Nachweis Bestätigung mit Immunoblot (IgM, IgG); ein DNA-Nachweis ist in Biopsien und Liquor möglich.
  • Besondere Hinweise: Borrelien-DNA-Nachweis in Zecken verfügbar. Durchseuchung der Zecken in Deutschland ca. 5 - 40 %, Infektionsrisiko nach Stich einer infizierten Zecke ca. 30 %. Die Mehrzahl der Infektionen verläuft jedoch klinisch asymptomatisch.
 
Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME)
  • Erreger: FSME-Virus
  • Diagnostik: AK-Nachweis mit Immunoassay (IgM, IgG) im Serum und Liquor, RNA-Nachweis im Liquor
  • Besondere Hinweise: Erregernachweis in Zecken aufgrund Instabilität der RNA nicht empfehlenswert. Durchseuchung der Zecken in Endemiegebieten 0,1 - 5 %, Infektionsrisiko nach Stich einer infizierten Zecke 10 - 50 %.
 
Anaplasmose (Humane Granulozytäre Ehrlichiose)
  • Erreger: Anaplasma phagocytophilum
  • Klinik: Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch. Sympto­ma­tische Verläufe finden sich vor allem bei älteren und immundefizienten Patienten. Nach einer Inkubationszeit von Tagen bis 4 Wochen treten grippeähnliche Symptome auf, später höheres Fieber, Schüttelfrost, Gelenk- und Muskelschwerzen, Kopfschmerzen, z. T. gastrointestinale Beschwerden. Eine pulmonale Beteiligung findet sich bei einem Drittel der Patienten, Exantheme sind sehr selten.
  • Diagnostik: AK-Nachweis (IgM, IgG) im Serum
  • Besondere Hinweise: Vorkommen vermehrt im Mittelmeergebiet, Durchseuchung der Zecken in Deutschland ca. 1 - 2 %.
 
Babesiose
  • Erreger: Babesia divergens, Babesia microti
  • Diagnostik: AK-Nachweis (IgG) im Serum, ggf. mikroskopischer Nachweis im Blutausstrich
  • Besondere Hinweise: Getrennte Anforderung von AK gegen B. divergens und B. microti. In Deutschland ist B. divergens am häufigsten. Durchseuchung der Zecken in Deutschland ca. 0,5 %.
 
Rickettsiosen
  • Erreger: Rickettsia conori (Mittelmeerfleckfieber), R. slovaca (Tick-borne Lymphadenopathia), R. helvetica u. a.
  • Diagnostik: AK-Nachweis (IgM, IgG) im Serum
  • Besondere Hinweise: Es bestehen Kreuzreaktionen zwischen den verschiedenen Spezies. R. conori wird meist durch die Braune Hundezecke (Ripicephalus sanguineus) übertragen, die über Hunde aus dem Mittelmeergebiet eingeschleppt wird. R. slovaca wird häufig durch die Schafzecke (Dermacentor marginatus) und die Auwaldzecke (D. reticularis) übertragen. Durchseuchung der Zecken in Deutschland mit R. slovaca bis zu 10 %.
 
Tularämie (Hasenpest)
  • Erreger: Francisella tularensis
  • Diagnostik: AK-Nachweis (IgM, IgG) im Serum
  • Besondere Hinweise: Übertragung vor allem durch die Schafzecke (Dermacentor marginatus) und die Auwaldzecke (D. reticularis). Durchseuchung der Zecken in Mitteleuropa bis zu 3 %.
 
Q-Fieber
  • Erreger: Coxiella burnetii
  • Diagnostik: AK-Nachweis (IgM, IgG) im Serum
  • Besondere Hinweise: Bei V. a. akutes Q-Fieber Bestimmung von Phase II-AK, bei V. a. chronisches Q-Fieber zusätzlich Phase I-AK. Übertragung vor allem durch die Schafzecke (Dermacentor marginatus) und die Auwaldzecke (D. reticularis), aber auch durch Ixodes ricinus. Durchseuchung der Zecken in Deutschland ca. 1 %.
 
Ehrlichiose (Humane Monozytäre Ehrlichiose)
  • Erreger: Ehrlichia chaffeensis
  • Klinik: Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch. Sympto­ma­tische Verläufe finden sich vor allem bei älteren und immundefizienten Patienten. Nach einer Inkubationszeit von Tagen bis 4 Wochen treten grippeähnliche Symptome auf, später höheres Fieber, Schüttelfrost, Gelenk- und Muskelschwerzen, Kopfschmerzen, z. T. gastrointestinale Beschwerden. Eine pulmonale Beteiligung findet sich bei einem Drittel der Patienten, Exantheme finden sich häufiger als bei der HGE.
  • Diagnostik: AK-Nachweis (IgG) im Serum
  • Besondere Hinweise: sehr selten in Mitteleuropa, Vorkommen vor allem im Süden der USA.