Tollwut (Rabies)

Kategorie Lexikon
Stand04.02.2013
Abrechenbarkeit EBM
Enthaltene Parameter
Tollwut-Virus-AK
Zusatzinformation
Erreger
Die Tollwut wird durch das Tollwut- oder Rabies-Virus, ein neurotropes Virus aus der Familie der Rhabdoviren, verursacht.
 
Infektionsweg und Verbreitung
Die Tollwut ist eine Zoonose, die durch Kontakt (Biss, Schleimhautkontakt, Kontakt zu Speichel) mit einem infizierten Tier übertragen wird. Tierische Reservoire für das Tollwut-Virus waren in Mitteleuropa klassischerweise Füchse und andere wild lebende Tiere (Marder, Dachse, Rehe) sowie Hunde und Katzen. Durch systematische Bekämpfungsmaßnahmen, vor allem durch orale Immunisierung der Füchse, konnte die Wildtollwut jedoch eliminiert werden, so dass Deutschland, wie die Schweiz und viele andere europäische Länder, seit 2008 als "frei von terrestrischer Tollwut" gilt. Ein Tollwut-Reservoir ist jedoch noch in Fledermäusen vorhanden.
Eine Infektionsgefahr für den Menschen besteht heutzutage vor allem bei Reisen in Länder, in denen die Tollwut noch endemisch vorkommt.
 
Klinik
  • Die Inkubationszeit ist sehr variabel: selten kürzer als 9 Tage, bei etwa 25 % der Fälle liegt sie unter 30 Tagen, in etwa 50 % der Fälle beträgt sie zwischen 30 und 90 Tagen.
  • Die Zeit bis zum Beginn der klinischen Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation der Bissstelle (je kürzer, desto ZNS-näher die Eintrittspforte ist).
  • Die Tollwut verläuft unbehandelt nahezu immer letal. Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und dem Tod liegen bei unbehandelten Patienten maximal 7 Tage.
  • Zunächst uncharakteristisches Prodromalstadium: Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, selten Fieber, Brennen, Schmerzen und/oder Jucken an der Eintrittspforte
  • Später akutes neurologisches Stadium: Bei der enzephalitischen Form ausgeprägte Hydrophobie, Krämpfe der Schlundmuskulatur beim Schlucken, Angst vor dem Trinken, Speichelfluss. Bereits die optische oder akustische Wahrnehmung von Wasser führt zu Unruhe und Krämpfen, die sich auf die gesamte Muskulatur erstrecken können. Bei der paralytischen Form treten Lähmungen der peripheren und zentralen Nerven, vor allem der Hirnnerven, auf (DD Guillin-Barré-Syndrom). Der Tod tritt meist im Koma durch Atemlähmung auf.
 
Diagnostik
Der Nachweis einer Tollwut-Virus-Infektion kann nur im spezialisierten Labor durch Virusisolierung in Zellkultur, Nachweis viraler RNA mittels PCR oder Antigennachweis in Nackenhautbiopsien mittels IFT erfolgen. Ein positiver Befund sichert eine Tollwut-Virus-Infektion, ein negativer Befund schließt eine Tollwut-Erkrankung jedoch nicht aus.  
Tollwut-Virus-spezifische neutralisierende AK werden durchschnittlich 8 Tage nach Beginn der klinischen Symptomatik gebildet. Bei klinischem Verdacht auf eine Tollwut-Virus-Infektion ist der AK-Nachweis daher nicht zur Diagnostik geeignet! Mittels AK-Bestimmung ist jedoch die Beurteilung eines Immunschutzes nach Impfung möglich.
 
Therapie und Prophylaxe
Eine spezifische antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. Infizierte Patienten werden symptomatisch unter weitgehender Abschirmung vor äußeren Einflüssen behandelt.
Eine aktive Immunisierung sollte bei Personen mit erhöhter Gefährdung für eine Tollwut-Infektion gemäß STIKO-Empfehlung durchgeführt werden. Bei Verletzung durch ein Tollwut-verdächtiges Tier sollte eine postexpositionelle Immunprophylaxe gemäß STIKO-Empfehlung erfolgen.
 
Meldepflicht
Direkter und indirekter Erregernachweis sind meldepflichtig nach § 7 IfSG, Tollwut (Verdacht, Erkrankung, Tod) ist meldepflichtig nach § 6 IfSG. Ferner ist nach § 6 IfSG die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers meldepflichtig.